Das NBI trauert um Norbert Blüm

Geschrieben am 30.04.2020
in: Positionen

In dieser Woche verstarb Norbert Blüm, über Jahrzehnte wichtigster Sozialpolitiker der Union, Langzeit-Arbeitsminister mit christlichen Überzeugungen und kirchlichen Wurzeln, christlich-sozialer Gewerkschafter mit enger Bindung an die Katholische Soziallehre. Bis zum Tod Pater Oswald von Nell-Breunings (1991) hatte der viel beschäftigte Minister und CDA-Vorsitzende immer wieder den Austausch und den Rat des „Nestors der Katholischen Soziallehre“ gesucht.

Neben seinem Humor und seinem frohen Mut bleiben uns manche politischen Verdienste und Positionierung Norbert Blüms in guter Erinnerung: z. B. sein unermüdlicher Einsatz für die unter heftigen Beschuss geratenen Sozialversicherungen, seine Verdienste für die Einführung der Pflegeversicherung, die dann doch etwas anders verwirklicht wurde, als er sich das gewünscht hatte, und seine kapitalismuskritischen Sticheleien nach dem Abschied aus dem Arbeits- und Sozialministerium. 

Vor Augen steht uns der Leipziger Parteitag der CDU des Jahres 2003. Die Union fürchtete, auf ihrer wirtschaftsliberalen Flanke von der Schröderschen SPD überholt zu werden. Politische Positionen des sozialen Ausgleichs und der Sozialpartnerschaft galten als Ballast, der um der Mehrheits- und Zukunftsfähigkeit der Partei willen über Bord zu werfen sei. Gegen diesen Zeitgeist vertrat Norbert Blüm geradlinig seine Position. Die Union ließ ihn in Leipzig links liegen – und einsam im Regen stehen. Auf diesem Parteitag zeigte sich, dass die Gestaltungskraft der Christlich-Sozialen über Jahrzehnte immer weiter erodiert und nun schlichtweg nicht mehr vorhanden war. Zugleich endete dort die politische Karriere des letzten wirklich einflussreichen Unionspolitikers, der die Katholische Soziallehre nicht nur hin und wieder einmal zitierte, sondern dem sie wirklich Kompass und Orientierung war.