Das Berufsethos des Investmentbanking und seine Bedeutung für die Finanzmarktregulierung

von Wolf-Gero Reichert

In den Medien dominiert die Vorstellung von den Finanzmärkten als höchst anonymen Zusammenhängen, die von unpersönlichen, technisch-rationalen Funktionsmechanismen beherrscht werden. Immer wieder wird berichtet, dass "die Märkte" entschieden haben, dass sie reagieren, jemanden zu etwas zwingen usw. "Die Märkte" werden quasi als Personen vorgestellt.

In Krisenzeiten hingegen rücken stets diejenigen in das Zentrum medialer Aufmerksamkeit, welche den Finanzmärkten Rationalität überhaupt absprechen. Unter dem Stichwort behavioral finance werden die psychologischen Momente als entscheidend herausgestellt. So führte der malaysische Premier den Absturz der Währung seines Landes in der Asienkrise auf das Herdenverhalten spekulativer Händler zurück: "They do not work in concert of course. But they do behave like herds. Thus when one of the more important members swing in one direction, the others will follow. The effect is not unlike acting in concert." Doch auch die sog. Verhaltensökonomik widersteht nicht der Versuchung, die Märkte zu hypostasieren, nur spielen sie nun verrückt bzw. sind irrational. Spieltheoretische Untersuchungen rekonstruieren die psychologischen Kräfte wiederum als Mechanismen und fragen beispielsweise: "Does one Soros make a difference?" So wird das psychologisch determinierte Verhaltensmoment in die Vorstellung eines anonymen Marktes integriert und bereichert die herkömmlichen Methoden und Verfahren zu rationalem Verhalten auf den anonymen Märkten um weitere Varianten.

Jenseits dieser einfachen Gegenüberstellung wird in der vorliegenden Studie mit dem Berufsethos eine Größe in das Zentrum des Interesses gerückt, welche die Möglichkeit eröffnet, sowohl Rationalität als auch Irrationalität zugleich zu denken: Die Finanzmärkte werden nicht als gänzlich anonyme Institutionen verstanden, die entweder funktionieren oder verrückt spielen. Vielmehr kommen die kulturellen, sozialen und sittlichen Voraussetzungen in den Blick, welche Markthandeln überhaupt ermöglichen. Dabei geht es hier um den Markt des Investmentbanking.