Einladung: Fachtagung "Freiheit, Gleichheit, Selbstausbeutung. Zur Zukunft der Demokratie und des Sozialstaats in der Dienstleistungsgesellschaft"

Geschrieben am 12.09.2019
in: Veranstaltungen

Herzliche Einladung zum öffentlichen Abendvortrag!

Paul Mason (London) ist u.a. Autor der Bücher „Postkapitalismus: Grundrisse einer kommenden Ökonomie“ (2016) und „Klare, lichte Zukunft: Eine radikale Verteidigung des Humanismus“ (2019). In seinem Vortrag wirft der Journalist einen Blick auf mögliche Entwicklungspotenziale von der Klassengesellschaft des Dienstleistungskapitalismus zur klassenlosen Dienstleistungsgesellschaft und die Rolle, die neue digitale Technologien dabei spielen könnten.

Montag, 30. September 2019, 19:30 bis 21:00 Uhr
Ort: Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen, Offenbacher Landstraße 224, 60599 Frankfurt am Main

Kosten: Eintritt frei

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Moderation: Thomas Kaspar, Co-Chefredakteur Frankfurter Rundschau

Veranstalter: Nell-Breuning-Institut und Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft
Kooperationspartner: Rosa-Luxemburg-Stiftung Hessen, Evangelische Akademie Frankfurt, Katholische Akademie Rabanus Maurus Frankfurt, Sozialpolitischer Arbeitskreis des Bistums Limburg und Frankfurter Rundschau

Hinweis: Der Vortrag erfolgt in englischer Sprache. Diskussionsfragen der Teilnehmer*innen können auf Deutsch gestellt werden.

Der öffentliche Vortrag von Paul Mason ist eingebettet in eine Interdisziplinäre Tagung:

In der Reihe „Die Wirtschaft der Gesellschaft“ laden die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) und das Oswald von Nell-Breuning-Institut zum siebten Mal zu einer interdisziplinären Fachtagung ein. Bei der Tagung am 30. September/1. Oktober 2019 in der Hochschule Sankt Georgen geht es um die Herausforderungen der Demokratie und der Sozialpolitik durch den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft.

Das Tagungsprogramm im Überblick mit aktuellen Änderungen:

Montag, 30. September 2019

12:00     Angebot eines Mittagessens

13:15      Begrüßung
13:30     Strukturwandel zur Postwachstumsökonomie?
Prof. Dr. Hagen Krämer, Hochschule Karlsruhe

14:30     Zwei Arbeitgruppen
AG α1:   Zur Zukunft der haushaltsnahen Dienstleistungen
Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Universität Gießen
AG α2:
   Auf dem Weg in eine faire Dienstleistungswirtschaft - die Mitverantwortung der kirchlichen Wohlfahrtsverbände
Eva Welskop-Deffaa, Deutscher Caritasverband und Prof. DDr. Karl Gabriel, Münster

15:45     Kaffeepause

16:15     Vom regulierten Arbeitnehmer zum regelfreien Selbständigen. Zerbrechen von Raum- und Zeitstrukturen der Arbeit
Prof. Dr. Hans J. Pongratz, LMU München und Prof. Dr. Kirsten Scheiwe, Universität Hildesheim

18:00     Abendessen

19:30     Öffentlicher Abendvortrag mit Diskussion
From Class Society to Post-Capitalism: New Digital Technologies as Catalysts of a Social Revolution?
Paul Mason, London

21:00     Gemütlicher Ausklang des Abends

Dienstag, 1. Oktober 2019

8:00     Angebot einer Morgenandacht
9:00     Interessenvertretung und Demokratie in der Dienstleistungsgesellschaft
Prof. Dr. Wolfgang Schroeder, Universität Kassel

10:00     Zwei Arbeitsgruppen
AG β1:   Ausbau personenbezogener und haushaltsnaher Dienstleistungen oder Entkommerzialisierung des Privaten?
Prof. Dr. Ilona Ostner, Universität Göttingen und Dr. Anneliese Durst, Landeshauptstadt München, Referat für Arbeit und Wirtschaft
AG β2:
   Digitale Technologien in den sozialen Dienstleistungen. Perspektive der Arbeitnehmer*innen
Michaela Evans, Institut für Arbeit und Technik Gelsenkirchen

11:15     Kaffeepause

11:30     Mehr Sozialstaat wagen! - Umbau der sozialen Dienstleistungen und Ausbau ihrer staatlichen Kofinanzierung
Prof. Dr. Ingo Bode, Universität Kassel und Prof. Dr. Margareta Kreimer, Universität Graz

13:00     Feedback-Runde, Abschluss der Tagung
13:15     Angebot eines Mittagessens


In der Dienstleistungsgesellschaft erkannte der französische Ökonom Jean Fourastié (1907-1990) die „große Hoffnung des zwanzigsten Jahrhunderts“. Aufgrund des technischen Fortschritts, so seine Prognose vor 70 Jahren, würden immer weniger Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und dem produzierenden Gewerbe benötigt, während immer mehr Menschen in den Dienstleistungen beschäftigt sein würden. Das Ergebnis des Strukturwandels wären nicht nur hohe, sondern auch wesentliche gleichere Arbeitseinkommen; denn die Produktivitätsfortschritte in Agrarwirtschaft und Industrie würden in diesen beiden Sektoren zu deutlich steigenden Löhnen führen, während hohe Bildungs- und Qualifikationserfordernisse in den Dienstleistungsbranchen dort hohe Einkommen erzwängen. Längst angekommen in der Dienstleistungsgesellschaft wird heute – entgegen den Verteilungshoffnungen Fourastiés – die extreme Ungleichheit in den Dienstleistungsberufen zu einer Herausforderung, welche die gewerkschaftliche Interessenvertretung und die sozialstaatliche Reduktion von Risiken und Ungleichheiten in Frage und mit diesen die Demokratie auf die Probe stellt.

Bei der bevorstehenden Fachtagung geht es um den aktuellen Wandel der Dienstleistungsarbeit und dessen soziale Folgen. In welchen Dienstleistungsbranchen kann der Einsatz neuer digitaler Technologien langfristig zu massiven Produktivitätssteigerungen, aber eben auch zu abnehmenden Beschäftigtenzahlen führen? Werden personenbezogene und haushaltsnahe Dienstleistungen dagegen an Bedeutung gewinnen? Gelingt es, sie aus der Prekarität zu holen? Wie verändern digitale Technologien die Verrichtung von Dienstleistungen? Wie steht es um die gewerkschaftliche Organisierbarkeit der Beschäftigten in den Branchen personenbezogener Dienstleistungen? Welche Konsequenzen für die Interessenvertretung der Arbeitnehmer*innen und den eingespielten Interessenausgleich zeichnen sich bereits ab? Welche Rolle können die Wohlfahrtsverbände bei diesem Wandel spielen? Wie stark muss der Sozialstaat wachsen, um soziale Dienstleistungen durch deren (Ko-)Finanzierung allen zugänglich zu machen und um dort zugleich für gerechte Arbeitsverhältnisse zu sorgen? Kurzum: Führt uns der Wandel der Erwerbsarbeit „zurück in die Zukunft“ ausbeuterischer Dienstbot*innenverhältnisse oder gelingt es uns vielleicht doch, Wege einzuschlagen in Richtung Fourastiés Vision einer demokratisch-egalitären Dienstleistungsgesellschaft?