Protest gegen die Schließungsankündigung des Bistums Mainz für das "Haus am Maiberg"

Geschrieben am 20.10.2020
in: Positionen

Das Bistum Mainz hat Ende September angekündigt, das "Haus am Maiberg", die "Akademie für politische und soziale Bildung" in Heppenheim zum Ende des Jahres 2022 schließen zu wollen. Die Presseerklärung hat zu zahlreichen kritischen Reaktionen geführt. Kritik kam offiziell von zwei Fachverbänden für politische Bildung, von der Deutschen Vereinigung für politische Bildung und vom Bundesausschuss politische Bildung. Hinzu kommt ein offener Brief, der von fast 100 WissenschaftlerInnen vor allem aus dem Bereich der Politischen Bildung unterzeichnet wurde. Das zeigt, wie sehr die Arbeit der Heppenheimer "Sozialakademie" in pädagogischen Fachkreisen geschätzt wird - zweifellos außergewöhnlich für eine kirchliche Bildungseinrichtung!


Auf Initiative von Prof. Dr. Hermann-Josef Große Kracht (TU Darmstadt) und Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse (Universität Tübingen) entstand nun ein weiteres Protestschreiben, das von zahlreichen SozialethikerInnen und von VertreterInnen verschiedenster Sozialwissenschaften unterschieben wurde. Zu den Unterzeichnern gehören auch Mitarbeiter des Nell-Breuning-Instituts.


Das 'Haus am Maiberg' nicht schließen!

Ein Appell aus der Sozialethik und den Sozialwissenschaften.

Am 30.09. 2020 hat das Bistum Mainz in einer Presseerklärung bekannt gegeben, die 'Akademie für politische und soziale Bildung' in Heppenheim, das 'Haus am Maiberg', im Rahmen von Spar- und Umstrukturierungsmaßnahmen zum Ende des Jahres 2022 schließen zu wollen.

Die Unterzeichnenden bitten dringlich darum, diese Entscheidung noch einmal zu überdenken und hoffen darauf, dass das 'Haus am Maiberg' als katholisch-soziale Akademie erhalten werden kann.

Das 'Haus am Maiberg' hat sich in den 65 Jahren seines Bestehens und vor allem in den letzten zwanzig Jahren nicht nur in seiner politisch-pädagogischen Alltagsarbeit und der konzeptionellen Arbeit in der Politischen Bildung einen exzellenten Ruf erworben. Mit diesem Appell wollen wir die Aufmerksamkeit auf eine weitere, den Verantwortlichen im Bistum Mainz womöglich nur wenig präsente Bedeutung des 'Hauses am Maiberg' lenken: Es ist seit Jahrzehnten ein bewährtes und weit über die katholische Kirche hinaus anerkanntes Forum eines intensiven interdisziplinären wissenschaftlichen Austausches. Dabei geht es nicht allein um den Bereich der Politischen Bildung, in der das 'Haus am Maiberg' zu einer Schnittstelle zwischen wissenschaftlicher Theorie und pädagogischer Praxis geworden ist. Auch die christliche Sozialethik und die Traditionen der katholischen Soziallehre haben im 'Haus am Maiberg' einen wichtigen Ort für den Austausch mit den zeitgenössischen Politik-, Rechts- und Sozialwissenschaften gefunden. Auch hier hat sich das 'Haus am Maiberg' – etwa mit der langjährigen Tradition der 'Heppenheimer Soziallehretagen', mit dem Forum 'Politische Theologie/Politische Ethik' oder mit den 'Heppenheimer Tagen zur christlichen Sozialethik', um nur einige Initiativen und Projekte zu nennen – in den universitären Wissenschaften einen exzellenten und weit ausstrahlenden Ruf erworben.

Das 'Haus am Maiberg' ist eine der wenigen katholisch-sozialen Akademien im Lande, die sich durch ein dezidiert sozialkatholisches und dabei gerade auch für die 'säkularen' Sozialwissenschaften offenes Programm und Profil kennzeichnet. Es hat hier ein Alleinstellungsmerkmal und wird mit diesem Profil und seinem spezifischen Charme bundesweit wahrgenommen und geschätzt.

Die Schließung des Hauses wäre ein schwerer und irreversibler Verlust – nicht nur für den wissenschaftlichen Diskurs zwischen der christlichen Sozialethik und den Sozialwissenschaften, sondern auch für die öffentliche Wahrnehmung und Präsenz der katholischen Kirche und ihrer auch heute noch wertvollen Sozialtraditionen.

Wir bitten die Verantwortlichen des Bistums Mainz deshalb herzlich und dringend darum, trotz aller Finanzprobleme nach Perspektiven zur Weiterführung des 'Hauses am Maiberg' als katholisch-soziale Akademie zu suchen. Dieses einmalige Forum sozialwissenschaftlicher und sozialethischer Begegnung und Debatte muss unbedingt erhalten bleiben.

Initiatoren:

Hermann-Josef Große Kracht, Matthias Möhring-Hesse

 

Unterzeichner*innen

Prof. Dr. Rudolf Bauer, em. Professor für Politikwissenschaft der Universität Bremen, Autor und Bildender Künstler. 

Prof.' Dr. Michelle Becka, Professur für Christliche Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Dr. Eva Buddeberg, Akad. Rätin a.Z. im Arbeitsbereich Politische Theorie und Philosophie am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Prof. Dr. Hans-Peter Bull, em. Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg; erster Bundesbeauftragter für den Datenschutz; von 1988-1995 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein.

Prof. Dr. Klaus Dörre, Arbeitsbereich Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie am Institut für Soziologie der Friedrich Schiller-Universität Jena.

Prof. Dr. Alexander Ebner, Professur für Politische Ökonomie und Wirtschaftssoziologie am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt.

Prof. Dr. Bernhard Emunds, Professor für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie, Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen, Frankfurt/M.

Prof. Dr. Johannes Eurich, Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts der Universität Heidelberg.

Prof. Dr. Adalbert Evers, Centrum für Soziale Investitionen und Innovationen (CSI) der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Dr. Andreas Fisch, Referent für Wirtschaftsethik und Kirchliche Dienstgeber*innen an der Kommende Dortmund. Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn.

Prof.' Dr. Ingeborg Gabriel, emer. Ordinaria für Christliche Gesellschaftslehre und ehem. Leiterin des Fachbereichs Sozialethik der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien.

Prof. DDr. h.c. Karl Gabriel, ehem. Direktor des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster/W.

Prof. Dr. Hermann-Josef Große Kracht, Institut für Theologie und Sozialethik, Technische Universität Darmstadt

Mag. Theol. Konrad J. Haase, Projektreferent an der Kommende Dortmund, Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn.

Dr. Jonas Hagedorn, Wiss. Mitarbeiter am Oswald von Nell-Breuning-Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik der Phil.-Theol. Hochschule St. Georgen, Frankfurt am Main.

Prof. Dr. Herbert Haslinger, Professur für Pastoraltheologie, Homiletik, Religionspädagogik und Caritaswissenschaft an der Theologischen Fakultät Paderborn.

Dr. Cornelia Heintze, ehemalige Kämmerin der Stadt Leipzig.

Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ, Oswald von Nell-Breuning-Institut, Frankfurt am Main.

Dr. Ottmar John, ehemaliger Geschäftsführer der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Dipl.-Theol. Robert Kläsener, Referent für Politische Bildung an der Kommende Dortmund, Sozialakademie des Erzbistums Paderborn.

Prof.' Dr. Tanja Klenk, Professur für Verwaltungswissenschaft an der Helmut Schmidt-Universität der Bundeswehr, Hamburg.

Sandra Knoblich M.A., Referentin und Projektkoordinatorin an der Kommende Dortmund, Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn.

Prof. Dr. Bernhard Laux, Professur für Theologische Sozialethik, Anthropologie und Wertorientierung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg.

Prof. Dr. Udo Lehmann, Professur für Sozialethik und Praktische Theologie an der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes.

Dr. Stefan Leibold, Exzellenzcluster Religion und Politik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster/W.; Leiter der AG 'Qualitative Forschung in der Sozialethik'

Mag. Theol. Katharina Leniger, Wiss. Mitarbeiterin an der Professur für Christliche Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Prof. Dr. Andreas Lienkamp, Professur für Christliche Sozialwissenschaften am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück.

Dr. Christoph Lienkamp, Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg i. Br.; Mitglied der Schulleitung des Deutsch-Französischen Gymnasiums Freiburg i. Br.

Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, ProfessUr für Theologische Ethik an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin; Geschäftsführer des Berliner Instituts für christliche Ethik und Politik und Mitglied des Deutschen Ethikrates.

Prof. Dr. Heiner Ludwig, Institut für Theologie und Sozialethik der TU Darmstadt

Dr. Hejo Manderscheid, Vorsitzender des Hochschulrats der Frankfurt University of Applied Sciences; ehemaliger Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Limburg.

Dipl.-Theol. Michael Manderscheid, ehemaliger Leiter der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes.

Prof. Dr. Torsten Meireis, Direktor des Berlin Institute für Public Theology der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin.

Prof. Dr. Matthias Möhring-Hesse, Lehrstuhl für Theologische Ethik/Sozialethik der Eberhard Karls-Universität Tübingen.

Prof. Dr. Frank Nullmeier, Professur für Politikwissenschaft und Staatstheorie und Leiter der Abteilung 'Theoretische und normative Grundlagen' des SOCIUM Forschungszentrums Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen; Mitglied des Wiss. Beirats des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD.

Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, ProfessUr für Plurale Ökonomik im Fachbereich III der Universität Siegen.

Prof. Dr. Ralf Ptak, Arbeitsbereich Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Ökonomische Bildung der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln.

Dr. Michael Ramminger, Institut für Theologie und Politik, Münster/W.

Dr. Joachim Rock, Leiter der Abteilung 'Arbeit, Soziales und Europa' beim Gesamtverband des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Berlin.

Prof. Dr. Christoph Sachße, em. Professor für Geschichte und Theorie sozialer Arbeit am Fachbereich Kulturwissenschaften der Universität Kassel.

Prof. Dr. Detlef Sack, Professur für Vergleichende Politikwissenschaft am Institut für Soziologie der Universität Bielefeld.

Dr. Michael Schäfers, Leiter des Grundsatzreferates der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands.

Prof. Dr. Lukas Slotala, Professur für Gesundheitswissenschaften an der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.

Prof. Dr. Christian Spieß, Professur für Christliche Sozialwissenschaften an der Katholischen Universität Linz, Österreich und Vorstand des dortigen Johannes Schasching SJ-Instituts.

Dipl.-Theol. Claudia Schwarz, Referentin an der Kommende Dortmund, Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn.

Prof. Dr. Georg Vobruba, em. Professor für Soziologie an der Universität Leipzig.

Prof. Dr. Berthold Vogel, Geschäftsführender Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI) der dortigen Georg-August-Universität.

Dr. Thomas Wagner, Studienleiter 'Arbeit und Soziales in der Einen Welt', Haus am Dom, Katholische Akademie Rabanus Maurus des Bistums Limburg.

Mag (Soz.-Wiss.), B.A. (theol.) Wolfgang Werner, Sozialarbeiter in Bad Homburg v.d.H.

Prof. Dr. Günter Wilhelms, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät Paderborn.

Dr. Katja Winkler, Assistenz-Professorin am Institut für Christliche Sozialwissenschaften Johannes Schasching SJ der Katholischen Universität Linz.

Edith Wittenbrink M.E., Wiss. Assistentin in der Abteilung Christliche Anthropologie und Sozialethik der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Mainz.