Zwischen Dezember 2014 und März 2020 haben Mitarbeiter(innen) der Professur für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und des Nell-Breuning-Instituts der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main zu Grundlagenfragen einer Ethik des kirchlichen Umgangs mit Vermögen sowie zu konkreten Orientierungsfragen kirchlichen Investments in Gewerbeimmobilien in deutschen Innenstädten geforscht.
Die in dieser Forschung gemeinsam erarbeitete Sicht der Grundlagenfragen einer Ethik kirchlicher Vermögensverwaltung haben wir in dem Buch „Kirchliches Vermögen unter christlichem Anspruch“ dargelegt, das gleichzeitig mit diesem Arbeitspapier im Herder-Verlag erscheint. In dem hier vorgelegten Arbeitspapier stehen dagegen die ethischen Orientierungsfragen für das gewinnorientierte kirchliche Investment im Vordergrund. Genauer hin geht es um die Reflexion ethischer Herausforderungen, die sich stellen, wenn kirchliche Akteure Gewerbeimmobilien in hervorragenden Lagen deutscher Innenstädte erwerben und dann dort Räumlichkeiten an Einzelhandelsunternehmen, Arztpraxen oder Apotheken vermieten. Dabei ist hier vor allem an zwei Wege des Investments gedacht: daran, dass eine kirchliche Institution oder Einrichtung (z. B. eine Diözese) selbst Eigentümerin der Gewerbeimmobilien wird, aber auch daran, dass sie ihre Anlagegelder einem Finanzdienstleister überlässt, der aufgrund seiner Gesellschafterstruktur als kirchlicher Akteur zu identifizieren ist und der diese dann in Gewerbeimmobilien investiert.
Das Arbeitspapier beginnt mit zwei Bestandsaufnahmen lehramtlicher Aussagen. Uns geht es hier darum, jene mehr oder minder offiziellen kirchlichen Vorgaben und Perspektiven zu erheben, die für das Investment kirchlicher Akteure in Gewerbeimmobilien relevant sind. Skizziert, systematisiert und nur in Ansätzen kritisch beleuchtet werden dazu die Positionen des römischen Lehramtes zu wirtschaftsethischen Fragen sowie zu den Themen Schutz des Lebens und Sexualität. Anschließend verdeutlichen wir an drei Beispielen (Stadtentwicklung, Sonntagsöffnungen sowie Share Deals), zu welchen Schlussfolgerungen die in unserem Herder-Buch grundgelegte Ethik der Mitverantwortung bei Investments in innerstädtische Gewerbeimmobilien kommen kann, wenn sie über die Systematisierung einschlägiger kirchenamtlicher Aussagen hinausgeht und konkrete ethische Herausforderungen dieses Investments untersucht.